… Sams einzige Aufgabe sei es, sich auf der Website von ‚Symbolia’ als interessierter Neuzugang an den zahlreichen Foren und Chats zu beteiligen. Morgen würde Tamaras Patenonkel eine entsprechende technische Voraussetzung hierzu einrichten. Sam sollte täglich nicht mehr als drei Stunden mit ‚Symbolia’ verbringen. Wenn alles nach Plan lief, würde man sie am Freitag in das Lokal ‚Zur Weihe’ einladen und im günstigsten Fall, war Sam am Samstag bereits Teilnehmerin eines geheimen Treffens. Anita würde am Samstag zurück nach Mexiko reisen, um ihre Familienangelegenheiten mit Miguel zu regeln. Tamaras Patenonkel würde in dieser Zeit Sam mit Rat und Tat zur Seite stehen. Sam freute sich auf die kommenden vier Tage. Sie würde viel Zeit am See und in der Wellnessabteilung des Anwesens verbringen. Sie war sich sicher, dass sie bald Mitglied von Symbolia sein würde. Mit Atibor, alias Jonathan Taylor, würde es wahrscheinlich auch keine größeren Schwierigkeiten geben. Sam war zuversichtlich, ihn bald für sich einnehmen zu können, schließlich war er nur ein Mann. Sie dachte an die Friedensstifternächte im Gefängnis, dagegen würden die Orgien der Satanssekte wohl eher wie ein Spaziergang wirken. Tamaras Patenonkel traf früh am nächsten Morgen ein. Sam mochte ihn nicht. Er war groß, schmal, fast hager und erinnerte sie mit seinen langen, schlaksigen Gliedmaßen an Lapuente. Sam schätzte ihn auf Anfang, Mitte 30. Der Hinterkopf seines kahlen Schädels wurde von einem Kranz dünner, blonder Haare eingerahmt, die er zu einem Pferdeschwanz gebunden hatte. Das Haar war stumpf und sah aus, als ob Mäuse an den Enden geknabbert hätten. Er hatte die gleiche fahle Gesichtsfarbe wie Tamara. Wahrscheinlich verbrachte er sein ganzes Leben vor einem leuchtenden Bildschirm und setzte sich nie dem Tageslicht aus. Neben engstehenden, stechenden Augen beherrschte vor allen Dingen seine schmale, gebogene Nase sein Gesicht. Sie sah aus, wie der scharfe Schnabel eines Adlers. Die Spitze zitterte leicht, wenn er sprach. Seine Stimme war leise und piepsig, als ob er es nicht gewohnt sei, sie häufig zu benutzen. So wunderte es Sam überhaupt nicht, dass ein Gespräch mit ihm sich als sehr einsilbig gestaltete. Dafür plapperte Anita ununterbrochen und Sam war froh, dass Anita genug Worte pro Minute abfeuerte, dass es für alle drei reichte.
Nach einer gemeinsamen Tasse Kaffee trug Benedict, Tamaras Onkel, drei riesige silberne Rimowa-Koffer ins Haus. …

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