… Die Luft stank nach heißem Wachs der brennenden Kerzen. Auf dem Altar lag eine Gestalt, die ganz mit einem blutroten Tuch bedeckt war. Das Tuch war übersäht mit verschlungenen 6en – Symbolia. Sam sah, wie sich das Tuch gleichmäßig hob und senkte. Tamara atmete, sie lebte. Lola und Atibor flankierten den Altar und sahen Sam entgegen. Sam ließ ihren Blick über die versammelten Symbolia-Jünger gleiten. Nur wenigen Mitgliedern war die Teilnahme an der Zeremonie gestattet worden. Sam vermutete, dass die Anwesenden entweder besonders vermögend oder aber eine strategisch wichtige Position in der Gemeinschaft hatten. Es waren ca. 10 Männer und Frauen. Darunter auch der Arzt, der Sam den Schwangerschaftstest ausgehändigt hatte. Überall im Raum waren schwarze und rote Symbolia-Tücher verteilt. Sie hingen in langen Bahnen von der Decke. Mit etwas Glück konnte Sam sie mit einer der zahlreichen Kerzen entzünden und die Männer und Frauen zur Flucht bewegen. Dann musste sie nur noch Atibor, Lola und den Vater ihres Kindes ausschalten. Sams Augen suchten das Innere der Kathedrale nach ihm ab. Er war nirgends zu sehen. Seine riesige Gestalt wäre Sam selbst ohne die Widdermaske aufgefallen. Atibor und Lola griffen das Tuch und zogen es vom Altar. Tamara lag nackt auf dem schwarzen Stein. Ihre bleiche Haut hob sich schimmernd von dem dunklen Untergrund ab. Das Haar hing ihr feucht in die Stirn. In ihren großen, braunen Augen stand schieres Entsetzen. Ihr Atem ging schnell, als hätte sie eine gewaltige Körperanstrengung hinter sich. Lola und Atibor trugen Schalen mit rauchender Flüssigkeit zu den im Halbkreis stehenden Männern und Frauen. Sie begannen mit dem Ritual. Sam nutzte die Gelegenheit. Alle starrten gierig auf Lola und Atibor und die Schalen in ihren Händen, niemand achtete auf Sam. Rasch trat sie zu Tamara und beugte sich über sie. Tamaras entsetzter Blick schlug in nackte Panik um. Laut begann sie zu kreischen. Alle sahen zu ihnen herüber. Sam fluchte und presste ihre Hand auf Tamaras Mund. Sie hatte völlig vergessen, welch furchterregenden Anblick sie bieten musste, mit ihren Hörnern und Raubtieraugen. Leise zischte sie Tamara zu. „Dir wird nichts geschehen. Du stehst unter meinem Schutz.“ Ob Tamara sie verstanden hatte, konnte sie nicht sagen, das Mädchen war bewusstlos. Sam zog ihre Hand von Tamaras Lippen. Atibor und Lola hielten ihre Gesichter über die qualmende Flüssigkeit der Schale. Mit verklärtem Blick nickte Lola Sam zu. …

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