… „Öffne bitte das Handschuhfach. Oben ist ein winziger Knopf. Drück ihn und gib mir das Handy.“ Tamara sah sie mit großen Augen an. „Na mach schon.“ Sam lächelte ihr zu. „Dann kannst du mit deinem Onkel sprechen.“ Tamara öffnete zögernd das Handschuhfach und tastete nach dem Mechanismus. Sie hielt Sam das Handy hin. Resigniert betrachtete Sam das dunkle Display. Der Akku war leer. „OK, scheint, als müsstest du dich noch ein wenig gedulden. Such doch mal 'nen coolen Musiksender für uns.“ Mit leerem Blick drückte Tamara auf den Tasten des Autoradios herum. Unter den dröhnenden Bässen von ‚Highway to hell’ schossen sie durch die Nacht. Erschöpft erreichte Sam beim ersten Morgengrauen das riesige, schmiedeeiserne Tor von Anitas Familienbesitz. Sam drückte den Knopf unter der Sprechanlage. Sie wartete. Tamara döste unruhig auf dem Beifahrersitz. Sam hielt den Daumen ungeduldig auf den Knopf gepresst. Es war fast einen Monat her, dass sie sich von Anita und Benedict verabschiedet hatte. Was, wenn niemand mehr da war? Sam schnallte sich los und sah zweifelnd auf die nackte Tamara und ihren eigenen nackten Körper. Das könnte ein Problem werden. Sie waren zwar unbehelligt durch die Nacht gefahren, aber zwei nackte Frauen tagsüber in einem Cabriolet – weit würden sie bestimmt nicht kommen. Sam stieg aus, bedauernd musterte sie die hässlichen Flecken auf dem hellen Leder des Fahrersitzes. Ihr blutgetränktes Haar hatte bräunliche Abdrücke hinterlassen. Aus der Sprechanlage tönte eine blecherne Stimme. „Ja, bitte?“ Sam beugte sich müde zum Lautsprecher herunter. „Hier ist Sam.“ Eine laute Rückkopplung schmerzte Sam in den Ohren, als die Stimme brüllend ihren Namen wiederholte. „SAM“ Sie konnte nicht identifizieren, ob die Stimme zu Anita oder Benedict gehörte. Es war ihr auch egal, Hauptsache, die Person wusste, wer sie war. „Tamara ist bei mir.“ Die beiden Flügel des gewaltigen Tors schwangen nach innen. Sam klemmte sich steif hinter das Lenkrad und fuhr langsam über den weißen Kies die Auffahrt hinauf. Nach wenigen Metern sah sie die riesige, weiße Villa. Auf den Stufen hatte sich ein kleines Empfangskomitee versammelt. Sam rüttelte Tamara wach. „Wir sind da.“ Mit knirschenden Reifen hielt Sam vor dem Portal. Benedict und ein Sam unbekannter Mann – wahrscheinlich Tamaras Vater – stürzten an der Front des Porsches vorbei und rissen die Beifahrertür auf. Tamara warf sich hemmungslos schluchzend in die Arme des Mannes. …

◄ zurück blättern Beurteilen Sie den Text bitte fair.
Ihre echte Einschätzung hilft dem Autor seine Texte zu verbessern.
3313 Leser seit 1. Jan. 2025 für diesen Abschnitt
Noch kein Kommentar zu dieser Seite.
Sei der Erste!