… Belinda war Therapeutin und hatte sich auf die Ängste von Eltern spezialisiert, die durch den gewaltsamen Tod ihres Kindes traumatisiert waren. Benedict erstellte und verwaltete, die eigens zur Kontaktaufnahme eingerichtete Website. Er stellte den ersten Kontakt zu interessierten Auftraggebern her und klärte die geschäftlichen Bedingungen. Sam trat niemals direkt mit ihren Kunden in Kontakt. Erst bei der Vertragserfüllung sahen sie Sam. Benedict hatte ein geschicktes Händchen und zog zufriedene Kunden, deren Beruf oder Stellung in der Gesellschaft wertvoll waren, in den Kreis derer, die Sam den Rücken freihielten, damit sie das tun konnte, was sie perfekt beherrschte - das Abschlachten von Kindermördern und Kinderschändern. Dank Benedicts Unterstützung konnte sich Sam von Miguel und Anita lösen. Die beiden hatten genug mit sich selbst zu tun. Nach nunmehr fünf Jahren war Sam auf der Suche nach einem Altersruhesitz. Sie war es leid, Aufträge anzunehmen und den Abschaum der Menschheit zu richten. Immer mehr Monster gebar diese kranke Gesellschaft. Wenn Sam einen tötete, fand sie mindestens vier neue Fälle im Internet, wo namenlose Monster ihr perverses Treiben begonnen hatten. Es war eine Sisyphus-Arbeit, ohne Aussicht auf Erfolg. Sam fand kaum noch erholsamen Schlaf. In ihren Träumen begleitete sie der Widdermann. Bei ihrem jüngst zurückliegenden Auftrag wäre Sam beinahe selber getötet worden, weil sie völlig übermüdet und unvorsichtig war. Das musste aufhören. Jessicas Mord war gesühnt. Sam konnte sich kaum vorstellen, dass Jessica Sams Tod gewollt hätte. Also beauftragte sie ihr Schweizer Finanzgenie, den einzigen Auftraggeber, den sie bisher nicht bedienen konnte, ihr ein großes Grundstück mit Wald und Hütte, fern ab von der Zivilisation zu suchen. Sams Ruhesitz. Sam fuhr in ihrem Porsche Boxter Cabriolet – ihr Eigentum, kein Leihwagen – durch die weite Landschaft von Texas. Der Wind spielte mit ihrem Haar, auf dem Beifahrersitz lag das Exposé der kleinen Farm, die ihr der Schweizer Bankier über Benedict hatte zukommen lassen. Sam sträubte sich gegen die Vorstellung, ihren Ruhestand in Amerika zu verleben. Zu viele unschöne Erinnerungen verbanden sie mit diesem Land. Kanada – das wäre Sams erste Wahl. Das Land mit geringer Gewaltquote, seiner umwerfenden Natur und einsamen Plätzen hatte sich heimlich in ihr Herz geschlichen. Sam drückte das Gaspedal des Porsches herunter und schoss über die Landstraße. …

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