… Ungeduldig klopfte sie mit ihrem kleinen goldbeschuhten Fuß auf den Boden derselben und schob immer wieder neugierig den goldenen Vorhang zur Seite um sich umzusehen. Schräg neben ihr ritt auf einem tänzelnden schwarzen Pferd, daß genauso ungestüm zu sein schien wie sein Reiter, Haremhab, umgeben von seinen Medjay. Hinter ihnen folgten die Sänften mit den Hofdamen und den anderen Edlen. Nefer fühlte sich sehr geehrt, daß sie in einer der Sänften mitreisen durfte, welche der königlichen folgten. Dieser Luxus war den Privilegierten vorbehalten. Der Status, den sie am königlichen Hof einnahm, war eigentlich nicht definierbar. Er glich eigentlich dem einer Hofdame,denn Amenophis hatte ihr schon bald nach ihrer Ankunft im Palast die Freiheit geschenkt. Allerdings war sie durch ihre Jugend der Königin eher wie eine ihrer Töchter ans Herz gewachsen. Ihre Abstammung, ob edel oder nicht, spielte am Hofe von Amenophis keine Rolle. Für ihn gab es keine Standesdünkel. Nefer richtete sich immer wieder halb auf und streckte den Kopf zwischen den Vorhängen hindurch, um wie ihre Königin die neue Heimat zu betrachten. Hinter ihr folgte die endlose Karawane der Beamten, Soldaten in Kriegswagen, Diener, Handwerker und Arbeiter. An den Seiten der breiten Allee, welche von Schatten spendenden Sykomoren und Dattelbäumen gesäumt wurde, dehnten sich die Arbeitersiedlungen aus; einstöckige weißgekalkte Häuser, viele davon mit einem kleinen ummauerten Garten und Innenhöfen. Selbst die weniger Begüterten schienen hier in gewissem Luxus zu leben. Wenn sie nach vorne sah, wuchsen mit jedem Meter, den sie zurücklegten, die prachtvollen Gebäude von Achetaton in den Himmel empor. Keine Stadtmauer engte den „Horizont des Aton“ ein und endlich, im goldenen Licht der untergehenden Sonne, lag die Stadt frei und übersichtlich vor ihr, nur im Osten beschattet von dem hoch aufragenden Felsrücken. Sie passierten die Villen der Vornehmen – prächtige Bauten, oft komplett mit poliertem Kalkstein verkleidet. Sie wurden von schimmernden Säulen gesäumt, die exotischen Gärten von niederen Mauern umgeben, die zum Teil mit Papyrusschilf- zum Teil mit anderen bunten Motiven bemalt, oder mit bunten Steinmosaiken verziert waren. Bald verbreiterte sich die Straße zu einem Platz und der erste der prachtvollen Sonnentempel tauchte vor ihnen auf. Nefer stand wieder aufrecht in ihrer Sänfte und erhaschte durch das mächtige Pylonentor einen Blick auf …
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