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Tränen liefen ihr über die Wangen, als sie auf die rote Lockenpracht blickte, die nach und nach den Fußboden des Raumes bedeckte. Der Mann, der den Schaden anrichten mußte, schimpfte und zeterte vor sich hin, was es für eine Schande sei, das schöne Haar abzuschneiden. Man sah ihm allerdings an, daß hinter seiner Stirn schon die Rechnung aufgestellt wurde, wieviel er für eine Echthaar-Perücke aus dieser Pracht verlangen könnte. Die vornehmen Damen Thebens würden sich um eine Solche in dieser seltenen Farbe regelrecht reißen. Ungerührt lehnte Haremhab an der Wand und sah zu, wie Nefer kahlgeschoren wurde. Der Haareschneider war fertig und hielt ihr einen kleinen bronzenen Spiegel hin. Nefer warf nur einen kurzen Blick hinein, dann sprang sie zornig auf und warf dem feixenden General einen vorwurfsvollen Blick zu. Er gab dem Mann einen Kupferdheben und folgte der jungen Frau, die wütend aus dem Salon stürmte. „Niemand hat mir gesagt, daß ich mich verstümmeln lassen muß!“ Schrie sie, sich auf der Straße kämpferisch dem Krieger zuwendend. Haremhabs kantiges Kinn erbebte unter einem unterdrückten Lachanfall. Entschuldigend meinte er: „Es war nötig. Ich kann dich nicht anders im Haus des Lebens unterbringen. Frauen dürfen dort nicht lernen; nur jungen männlichen Priestern ist es gestattet, den Heilberuf zu ergreifen. Da du vom Priesterdasein auch keine Ahnung hast, müssen wir dich als Helfer einschleusen, das ist der einzige Weg. Ich weiß, daß Eye im Haus des Lebens ein- und ausgeht, angeblich um sich über Gegenmittel für Pharaos Krankheit kundig zu machen. Aber es liegt irgendwas in der Luft. So wie du jetzt aussiehst, wird er dich jedenfalls nicht wiedererkennen und ich hoffe, daß du es schaffst, an wichtige Informationen zukommen. …
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