… „Ich trinke keinen Alkohol.“ Sam verdrehte genervt die Augen. „Sag mal, hast du denn gar kein Laster?“ Zerknirscht sah er auf den Porsche. „Und ob, ich würde so gerne den ganzen Pub beeindrucken und mit dem Baby ...“ Er nickte in Richtung Porsche. „... und mit dir angeben. Das ist kindisch, ich weiß, aber ...“ er fuhr sich mit der Hand über den Nacken „... ich glaube, die halten mich alle für einen ziemlichen Looser.“ Sam fand seine Offenheit erfrischend. Sollte er doch angeben, wie zehn nackte Neger. Vielleicht gewann er so genügend Selbstvertrauen, um sich bereits in dieser Nacht von Sam verführen zu lassen. Sam warf ihm die Schlüssel zu. „Dann werf dich mal in ein paar Macho-Klamotten. Ich mach mich zu Fuß auf den Weg. Wir treffen uns dann im Pub.“ Dick erklärte ihr den Weg und Sam stapfte durch den Wald. Nach wenigen Metern reichte kaum ein Sonnenstrahl mehr durch die dichten Wipfel der Bäume und Sam genoss die kühle Luft und das schummrige Licht. Zahlreiche Vogelstimmen begleiteten sie und gaben ein wunderbares Konzert. Sam fühlte sich großartig. Wie lange war es her, dass sie schon seit Stunden nicht mehr an Tod und Schrecken gedacht hatte? Seit Dick sie aufgefordert hatte, ihm ihre Papiere auszuhändigen. Dick war gut für sie, er gestattete Sam einen Ausflug in die normale, heile Welt. Sam war gewillt, diesen Tripp zu genießen und diesen Kurzurlaub zu nutzen, die Reserven aufzutanken, um sich dann ihrem allerletzten Auftrag zuzuwenden, bevor sie in Kanada sesshaft werden würde. Vielleicht würde sie Pferde züchten, oder Hunde. Auf jeden Fall etwas mit Tieren. Tiere waren ehrlich. Man bekam, was man sah. Vielleicht würde Benedict sich ihr anschließen. Sie waren beide vermögend genug, um sich ein sorgenfreies Leben zu gönnen. Sam schwelgte weiter in Zukunftsplänen, als ihr plötzlich etwas auffiel. Sie blieb stehen und lauschte. Kein Vogelkonzert mehr. Es war totenstill im Wald. Sam sah sich aufmerksam um. Nichts zu sehen oder zu hören. Vielleicht streunte ein Fuchs oder ein anderes Raubtier durch den Wald. Plötzlich erscholl dämonisches Gelächter in ihrem Kopf. Sam presste beide Hände gegen ihre Schläfen. Verzweiflung überfiel sie. Bis auf das Gelächter in ihren Albträumen hatte sie schon seit Jahren keinen ungebetenen Gast mehr in ihrem Kopf gehabt. Ausgerechnet jetzt. Sam rannte blindlings los und verließ den Weg. Panisch rannte sie durch kniehohen Farn und Brennnessel, an knorrigen Baumstämmen vorbei. …

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