Er schrieb Oden, Einakter, Dramolette, vor allem aber viel Aphoristisches. Sentenzen, die ihn oft weit über das Verständliche hinaustrugen.
Er empfand sich als James J. der Metaphysik, als Weichensteller gleich einem Immanuel K.
Geige spielte er mit einer Inbrunst, die einem manchmal Angst machen konnte. Hauptsächlich Selbstkomponiertes - und das bis in die frühen Morgenstunden.
Gemalt hat er während all der Jahre in der Arbeitswelt aber bloß ein einziges Aquarell : Einen dunkeblauen Baum mit blattlosen violetten Ästen, schattenlos vor einem feuerrotem Hintergrund.
"Eine Muse inspiriert die andere", pflegte er vor sich hinzumurmeln, wenn er vom Schreib tisch aufstand und auf dem Weg zu seinem heiß geliebten Streichinstrument vor dem aus dem Feuer aufsteigenden Baume verharrte.
Pipi und ich wussten es schon immer - unser Freund John wird es schaffen ! Entweder als alle übertreffender Literaten-Philosoph oder als begnadeter Komponist und Virtuose. Nur für einen Durchbruch aufgrund des Erstlingswerkes, des blau-violetten Baumes, gab ich - bis zur Wende in seinem Leben - gar nichts.
Nicht so Pipi, eine Kumpanin mit Sinn für das Außergewöhnliche, die die wahren Aktionen des Lebens nur in den Extremen angesiedelt wissen wollte.
Somit ist es einzig und alleine ihrer Idee zuzuschreiben, dass John heutzutage schreiben und komponieren kann, was er will. Und dies in der vollen Gewissheit, dass dies alles dank seines bekannten Namens einem breiten Publikum zugeführt wird.
Wir waren unser fünf damals, als wir das Museum der Modernen Kunst an einem regnerischen Donnerstag-Nachmittag betraten. Ich trug wohlverpackt, wie ich ihn aus John´s Wohnung rausgeschmuggelt hatte, den violetten Baum unterm Arm, nebst einem Hammer sowie Nägeln und einem extra angefertigten Namensschild an einer Kette. Und das alles in der Brusttasche. Pipi hatte ihren Hals dick umschalt, um damit eine Verkühlung vorzutäuschen. Zwei gute Bekannte spielten blauhaarige amerikanische Witwen mit starkem Texas-Akzent. Georg löste sich schließlich einen Foto-Ausweis.
Das Manöver startete mit einem Hustenanfall von Pipi in einem der Nebenräume der Galerie.
Der Museumswärter kümmerte sich auch gleich um die Arme - und war damit in der Folge von seiner Pflicht sosehr abgelenkt, dass ich im rhythmischen Gleichklang mit Pipis Husten den ersten Nagel einschlagen konnte, jenen Nagel, der die Kette mit dem violetten Baumbild …
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