… Honorar in Naturalien. Sam schätzte, sie und Jefe könnten mindestens zwei Monate 24 Stunden am Tag rauchen, ohne den Bestand erheblich zu dezimieren. Sam sah gelangweilt den Rauchschwaden ihrer Zigarette hinterher. „Du bist besoffen und taugst nicht mehr.“ Jefe stierte sie aus umwölkten Augen an. „Sag mal, spinnst du, Zuckerpuppe?“ Er trat dicht vor Sam und stieß sie mit vorgewölbter Brust an. Sie roch den Alkohol in seinem Atem. Seit die meisten Kunden angefangen hatten, Jefe mit Zigaretten und Alkohol zu bezahlen, war er ständig blau und wankte durch die Gegend. Mächtig und stark war er längst nicht mehr. Die meisten Gefangenen machten sich über ihn lustig. Sam profitierte zwar immer noch von dem Deal, ahnte aber, dass sie dies wohl eher Brutus’ Einfluss zuschreiben konnte. Jefe lallte ihr entrüstet zu: „Wenn du versuchst, mich auszubooten, dreh ich dir den Hals um, Schlampe. Hast du mein teures Geld verschwendet, um mir hier diese Scheiße zu erzählen?“ Sam stieß ihm ihre brennende Zigarette ins Gesicht. Jefe sackte heulend auf den Boden und hielt sich die verletzte Wange. Neben dem kalten Rauch von Sams Zigarette roch sie den süßlichen Gestank von verbranntem Fleisch. Sam sah ihn kalt an und trat ihm mit aller Kraft gegen den Kopf. Er fiel um wie ein Stein. Sie beugte sich über ihn und spuckte ihm in seine blutende Fratze. „Geschäftsbeziehung beendet, du Pisswichser.“ Sam verließ eilig die Bibliothek. Zu ihren neuesten Privilegien zählte, dass das Wachpersonal sie zu ihren Treffen mit Jefe begleitete, dann aber verschwand, sobald Sam durch die Tür trat. Sie musste zu Brutus. Auf dem Weg zurück zu ihrer Zelle grübelte Sam über einer Strategie. Brutus hatte bisher die Füße stillgehalten. An seinen lukrativen 50 % konnte es kaum liegen, in letzter Zeit erhielt er sowieso nur seinen Anteil an Zigaretten und Tequila. Er musste andere Beweggründe haben und sie ahnte, welche das waren. Sam. Sie hatte Brutus schon mehr wie einmal falsch eingeschätzt. Einen erneuten Fehler konnte sie sich nicht leisten. Heute war Mittwoch, bis Freitagnacht musste alles geklärt sein. Sam wog ihre Chancen ab. Das war verdammt dünnes Eis, auf dem sie stand. Aber eine Wahl hatte sie nicht. Sam informierte die nächste Wache, dass sie mit Brutus sprechen wollte. Nach ca. zwei Stunden wurde sie abgeholt und in Brutus’ Büro geführt. Er ließ Sam geschlagene fünf Minuten vor seinem Schreibtisch stehen und füllte mit stoischer Ruhe das vor ihm liegende Formular aus. …

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