Lange, nachtschwarze Haare, Augen wie stillglänzende Waldteiche, und ein Gesichtchen, ein Gesichtchen...
In ihm drin bricht eine heiße Quelle auf, explodiert stirnwärts, hirnwärts, nur Füße und Hände bleiben verschont... So weiß wie Schnee, so rot wie Blut, so schwarz wie Ebenholz...
Schneewittchen...
Plötzlich aber hat dieses Schneewittchen sich wirklich bewegt, ein Heiligenbild, das zu einem spricht:
„Macht doch nichts.“
Da ist im Juppi seinem Kopf ist etwas zerbrochen. Die Worte kamen zu ihm wie durch eine Wasserwand. Schneewittchen selber war es, die ihn zurückgeholt hat in die Wirklichkeit, indem sie einfach aufgestanden und weggelaufen ist, ihn in seiner Sahnepfütze und der Mißbilligung der anderen Kunden hat kokeln lassen. Als ob das nicht genug gewesen wäre, überfiel ihn ein neuer Schreck. Das Eulengesicht. Sie holt das Eulengesicht, das Eulengesicht holt die Polizei. Lieber Gott...
Aber statt des dickbebrillten Geschäftsführers war sie auf einmal wieder da, Eimer und Wischmop in der Hand. Ungläubig hat der Juppi geglotzt. Dann hat er zugegriffen. Er hat am Eimer gezerrt, sie dagegen. Das Ende: sie hat geputzt und er zugeguckt. Das heißt, er hat es versucht. In Wirklichkeit hat er gehirnt, gegrübelt, gekrampft, weil, was Lustiges, was Erlösendes hätte ihm jetzt einfallen müssen. Aber er ist nur hierhin und dorthin getrippelt, hat die Hände gerungen und war dauernd irgendwem im Weg.
Und dann war die Sauerei weg. Als Schneewittchen wieder hinter ihrer Kasse saß, stotterte der Juppi: „Was kostet das? Das Aufputzen, mein ich. Und die Sahne...“
Denn das ist das Schlimmste: etwas kaputtmachen und nicht dafür bezahlen wollen.
„Vergessen Sie's, holen Sie sich eine neue.“ Kein bißchen ärgerlich, die Stimme, nur freundlich, geschäftsmäßig freundlich.
Mit fiebrigen Fingern kramte er in seiner Hosentasche, klingelte lauter, als es hätte sein müssen, zitterte ihr die Münzen hin. Da hat sie ihre warme, ruhige Hand auf seine verschaffte, zappelige gelegt.
Zurückzucken. Die Hand brennt wie Feuer. Er wird sie nie wieder waschen. Entschuldigung. Und wohingucken? Ein Lächelversuch ins Blaue.
Ein Häufchen Postkarten neben der Kasse rettet ihn. Er nimmt eine, hält sie sich vors Gesicht. „Kennen Sie schon unsere neue Kreation“, deklamiert er laut, zu laut. „EDO-Zwiebelsuppe a lá Madame Pompadour. …
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