In der letzten Reihe ist ein Tisch frei. Schnell setze ich mich. Manche gucken kurz hinter mit her, manchen falle ich gar nicht auf. Außer dem für mich ungewohnten geschlechtsgemischten Publikum herrscht die übliche morgendliche Schulunruhe, das "Morgen" oder "Hallo" , das Suchen nach Heften und Büchern und der hektischen Frage nach fertigen Hausaufgaben zum Abschreiben..
Lehrer auf Lehrer folgt, so austauschbar wie das ganze Programm. Als ich mich mittags in die Schlange vor der Essensausgabe einreihe fühle ich mich als stünde ich schon Jahre hier.
An langen, grauen Tischen verschlingen wir das Mittagessen. Es ist so lala, nicht gut, nicht schlecht, eben Mittelmaß. In kleinen Übungsräumen stehen Klaviere die wir Tagesheimler benutzen dürfen. Bei Regenwetter sitze ich also und übe meine Sonaten, wenn die Sonne scheint gehe ich mit einer Klassenkameradin auf eine Wiese neben der Schule. Hier haben sich die verbliebenen Erdhaufen vom Schulhausbau mit einem kräftigen Grasteppich überzogen. Wir legen uns auf die Böschung und schauen in den Himmel, pflücken Gänseblümchen und träumen. Unsere Gespräche sind träge und belanglos. Sie kreisen um das Mittagessen, das uns im Magen liegt und die nächsten zwei Schulstunden. Ich träume mich ins Himmelblau und ziehe mit den Wolken mit. Egal wo mich der Wind hin weht, es ist auf jeden Fall interessanter als hier.
Meine Kameraden wohnen weit übers Land verteilt. Eine Bus- oder Bahnverbindung ist sehr selten und umständlich. Den Weg zum Telefon finden die wenigsten. Außerdem ist während der Pausen alles gesagt was zu sagen war. So richte ich mich in meinem Zimmer ein und zelebriere das Alleinsein. Kaum komme ich nach Hause setze ich mich pflichtgemäß einen Augenblick zu meiner Mutter, erzähle, was sich den Tag über zugetragen hat und verschwinde möglichst bald in meinem Zimmer. Zuallererst schalte ich mein Tonband an. Ich habe die Doors …
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