Einen Schock bekomme ich als Mutter die frisch gewaschenen Hosen in meinen Schrank räumt. Um dem doch recht saloppen Aussehen ihrer Tochter wenigstens etwas Profil zu geben hat sie mühevoll Bügelfalten in die Hosenbeine gebügelt. Nach meinem anhaltenden Protest hat sie es irgendwann gelassen.
Die Langeweile frisst mich auf.
Beim Stöbern in alten Kisten meines Vaters habe ich ein Lehrbuch für Spanisch und ein spanisches Wörterbuch gefunden. Vater wollte als junger Mann nach Südamerika auswandern und hatte sich dafür die Bücher gekauft. Die Schrift ist ganz altmodisch mit vielen Schnörkeln und nur mit Mühe kann ich sie lesen.
Gleichzeitig entdecke ich im bayerischen Fernsehen einen italienischen Sprachkurs. In der Stadt besorge ich mir das Lehrbuch und beginne im Bus auf der Hinfahrt zur Schule Italienisch und auf der Rückfahrt Spanisch zu lernen. Ich pauke die Vokabeln und erledige alle Übungen. Der Erfolg bleibt nicht aus. Im Fernsehen kann ich gut mithalten obwohl das fröhliche Pärchen aus dem Fernsehkurs schon einige Lektionen weiter war als ich dazu stieß. Manchmal verwechsle ich schon mal das Italienische mit dem Spanischen. Es ist sich doch recht ähnlich. Trotzdem ist mir das Sprachen lernen eine große Befriedigung. Vielleicht bin ich gar nicht so dumm wie meine Lehrer glauben.
Ich lese viel. Unermüdlich verschlinge ich die dicken Wälzer aus Mutters Bücherschrank. Ach, könnte ich doch auch etwas Gefühlvolles oder Sinnvolles zu Papier bringen. Lange Nachmittage sitze ich an meinem Schreibtisch und versuche ein paar Wörter mit Verstand aneinander zu reihen. Nichts will mir gelingen. Ich schreibe nur oft gelesene Phrasen nieder. Und Gefühle? Mit Entsetzen bemerke ich, dass ich überhaupt keine Gefühle habe. Es regt sich nichts in meinem Inneren. So sehr ich mich bemühe, ich spüre nichts. In der Schule, unter den Klassenkameraden gibt es immer wieder Ungerechtigkeiten, Zurücksetzungen oder auch böse Worte, manchmal auch gegen mich, ob beabsichtigt oder unbeabsichtigt. …
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