Liz nahm das Schlagholz und ging auf ihre Position. Es war ihr anzusehen, dass sie keine Lust dazu hatte. Sie war eine gute Läuferin, auch als Fängerin machte sie keine schlechte Figur, aber mit dem schweren Schläger hatte sie ihre Mühe. Ihr schien es, als wäre es mehr oder weniger schieres Glück, wenn sie den Ball traf. Aber was half es, sie war an der Reihe.
Mürrisch blickte sie über den Platz. Ihre Laune wurde zusätzlich dadurch getrübt, dass ausgerechnet auch noch Tim auf der Position des Werfers stand. Die anderen würden sich ins Fäustchen lachen, dessen war sie sich sicher, vor allem Ross, der aus seiner Schadenfreude noch nie einen Hehl gemacht hatte. Für Ross war es bestimmt ein besonderer Genuss, sie und Tim in dieser Situation zu sehen. Der erfolglose Poet und seine hysterische Freundin Aug in Aug als direkte Gegenspieler und das auch noch nach dem gestrigen Abend, an dem sie Tim vor fast allen, die heute hier mitspielten, diese Szene gemacht hatte. Für Ross war das bestimmt ein Fest. Ihr war, als könnte sie die lüsternen Blicke des schweren Mannes spüren, der irgendwo hinter ihr auf dem Rasen saß und wahrscheinlich irgendetwas in sich hineinstopfte, wie er es eigentlich immer tat. Sie schüttelte sich innerlich bei dem Gedanken, dass sie mit dem Kerl im Bett gewesen war und das erst vor kurzem. Warum machte sie bloß so bescheuerte Sachen in letzter Zeit? Gut, es war ein Unfall, aber ihr war klar, dass irgendein Bedürfnis von Rache an Tim dabei mitgespielt hatte.
Was war bloß los mit ihr? Was stimmte an der Beziehung zu Tim nicht mehr? Sie sah zu ihm herüber, das erste Mal seit gestern abends sah sie ihn wieder richtig an. Er wirkte so zerbrechlich in seinen schlaksigen Hosen und dem ausgeblichenen T-Shirt. Sie wusste, der Eindruck täuschte, ihr Freund war ziemlich sehnig und muskulös. Vielleicht war das schon alles, was sie den anderen hier an Wissen über Tim voraushatte. In letzter Zeit fragte sie sich immer wieder, ob er ihr nicht fremd geworden war. Er konnte stundenlang zu Fuß durch die Stadt streifen, um zu dichten, wie er sagte. Wenn sie ihn fragte, wo er gewesen war, sagte er, er könne sich nicht erinnern. Das glaubte sie ihm sogar, aber aus einem ihr selbst unerklärlichen Drang, ihn zu beschützen, war nach und nach Wut geworden. Seine Weltfremdheit, seine Introvertiertheit war dann für sie nur Bequemlichkeit. Und dann …
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