… Plötzlich sagt er:
„Diese Stelle hat uns besonders irritiert: Sie wendete sich ab mit Krause.“
„Das ist eine Redensart!“ entgegne ich ungeduldig.
„Mit Grausen, meinen Sie.“
„Mit wem?“
Der Mann schüttelt pausenlos sein Haupt, während er weiter mein Werk durchwühlt.
„Auf Seite 1340 lassen Sie zum ersten Mal durchsickern, daß Ihr Held 31 Jahre alt ist und eine neunzehnjährige Tochter hat.“
„Meiner Ansicht nach wird das Verhältnis zwischen Vätern und Töchtern umso inniger, je geringer der Altersunterschied ist. Sie leben in der gleichen Zeit, hören dieselbe Musik, tragen die gleichen Pullis ...“
Er unterbricht mich jäh, indem er das Buch hörbar zuklappt.
„Herr Streber, dieses Buch ist voller Fehler! Wenn der Vater 31 ist und die Tochter 19, dann hätte er sie mit 11 Jahren gezeugt. Wie soll das gehen?“
„Frühreif? Damals waren die Menschen ...“
Dr. Ungemach läßt nicht locker und öffnet mein Werk erneut:
„Oder an dieser Stelle: ...während der tagelangen Zugfahrt nach Tahiti verführte sie ihn 25 Mal ... und anschließend hier ... packte er sie, hob sie mit beiden Händen hoch und setzte sie grob auf den Barhocker.“
Was hat dieser Mann gegen Barhocker? Barhocker sind stabil, jeder kennt sie, und Frauen machen sich gut darauf.
„Wie lange dauert wohl so eine Zugfahrt?“ bohrt er weiter. „Außerdem ist Tahiti eine Insel. Dorthin gelangt man mit dem Schiff!“
„Das habe ich nicht geschrieben!“
„Doch! Da steht es. Aber 200 Seiten vorher hat Ihr Held bei einer Explosion den linken Arm verloren. Wie, glauben Sie wohl, hat er die Dame auf den Hocker gehoben?“
„… Er ist sehr kräftig ...“.
„Und hier“, versucht er mich erneut aufs Glatteis zu führen, „schreiben Sie, der Vater Ihres Helden sei 67, und seinen Hund Mufty besitzt er seit seinem 15. Lebensjahr. Das bedeutet, das Tier ist mindestens 52. Hunde werden im allgemeinen 12 oder 14 Jahre. Dieses Tier ist viermal so alt. Wie erklären Sie das?“
„Er bekam immer feinstes Dosenfutter ...“
„Außerdem finden wir“, unterbricht er meine fruchtbaren Gedankengänge, „daß Ihr Buch mit knapp 3000 Seiten und 400 Kapiteln etwas zu umfangreich ist, um es zu publizieren. Zudem schlafen einige unserer Lektoren noch immer. Dem Leser würde es nicht anders ergehen. Es tut uns leid. Am besten, Sie streichen 399 Kapitel und machen eine Kurzgeschichte daraus. Meine Sekretärin wird Ihnen einige passende Verlage nennen. …
Ihre echte Einschätzung hilft dem Autor seine Texte zu verbessern.
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