Der Lektor
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… seine hartherzigen Augen starren und Rechenschaft fordern. Blut wird fließen. Sein Blut. Hoffentlich ...  

Es geht einfach nicht an, daß diese Lektoren - was glauben sie, wer sie sind? – sich anmaßen, ihre Urteile über unsereins zu fällen, gar den Stab zu brechen. Zuweilen scheint mir, sie verstehen die Inhalte nicht. Ich aber habe mein letztes Werk mitgebracht und werde anhand dieses Zeugnisses die Erklärungsnot des Dr. Ungemach zu genießen wissen. Bevor ich ihn würge.

Im Geiste sehe ich ihn schon vor mir, wie er sich in seinem Anzug hin und herwindet.  Wie ein in den weit entfernten kirgisischen Gewässern vor sich hin vegetierender winziger Zwer-
gaal. Nach Ausreden suchend, die Flucht aus dem dritten Stockwerk und somit den feigen Suizid in Erwägung ziehend.

Auch ich kann nicht mit absoluter Sicherheit behaupten, ich wüßte, was ein kirgisischer Zwer-
gaal sein soll. Jedenfalls windet er sich.

   Endlich stehe ich schnaubend vor Zimmer 33 und entziffere die Inschrift:

Dr. Ungemach, Lektorat Belletristik. Guuut. Meine Faust trommelt gegen die Tür. Stille. Ich warte. Wahrscheinlich wurde ihm mein Kommen telefonisch angekündigt, und er hat sich vorsichtshalber in einer Schublade verkrochen, der Wurm. Aber das wird ihm nichts frommen. Hic Rhodus, hic salta! Das ist griechisch und heißt wörtlich übersetzt: Friß Vogel - oder stirb! Erneut kracht meine mittlerweile empfindlich schmerzende Autorenhand gegen die Bürotür, die sich in gleichem Maße unnachgiebig zeigt wie der Büroinhaber; diesmal muß er es gehört haben. Feigling!

Wieder keine Reaktion. Ich schaue auf die Uhr. Es ist halb eins, Mittagszeit. Möglicherweise lümmelt er in der Kantine herum und schlägt sich den feisten Bauch voll. Auch mir knurrt der Magen. Aber das ist ganz prima, hungrig bin ich ungenießbar. Ein Kämpfer, ein Taifun.

   Meine Hand greift zum Knauf, ich drehe ihn, die Tür öffnet sich. Beherzt stoße ich sie auf, trete ins Zimmer wie einst Lady Macbeth und finde es - verwaist. Auch gut, denke ich. Dann werde ich ihn eben hier in Empfang nehmen, wenn er vom Essen kommt. Ich rücke den Besucherstuhl näher an seinen Schreibtisch, lege meinen Roman auf die Tischkante, nehme in freudiger Erwartung Platz und stecke mir unaufgefordert eines jener weißen Bonbons in den Mund, die für den Besucher so einladend in der bunte Glasschale auf dem Fenstersims liegen. Ich bin so frei.

Das Bonbon ist hart, etwas porös, und weil ich  …


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