… es scheußlich finde, spucke ich es in hohem Bogen wieder aus. Es landet auf den Teppichfliesen, genau an der Tür. Das nächste schmeckt ebenso widerlich. Und alle folgenden. Also, den Geschmack seiner Bonbons betreffend, kann ich eines schon mal ruhigen Gewissens behaupten: Im Gegensatz zu mir weiß dieser Mann nicht was Qualität bedeutet!
Mein verträumter Blick wandert aus dem Fenster und bleibt an der gegenüberliegenden Dachrinne hängen. Man müßte mal die Biographie einer verzinkten Dachrinne schreiben ...
Ideen wie diese sind es, die mich als Autor so unvergleichlich machen, einzigartig, wertvoll. Und diese blinden Lektoren sehen den Wald vor Bäumen nicht, verkennen die Genies, welche literaturbeladen und voller Demut an ihre Tür klopfen. Werfen sie hinaus, treten sie mit Füßen. Wie Fußmatten.
Der Zeiger hat die Ein-Uhr-Marke passiert und schickt sich an, in gewohntem Rhythmus weiterzukriechen, als ich mir eines dieser lächerlich dünnen Manuskripte schnappe, die auf dem Schreibtisch ihr karges, ihr unbedeutendes Dasein fristen. Wenig interessiert blättere ich im Buche eines Mitkonkurrenten.
Der Romanheld hat ein Verhältnis mit seiner Schwiegermutter! Und mit seinem Schwiegervater! Ein äußerst enges ...
Das ist die Höhe! Derartigen Schweinkram reißen sie den Autoren aus den schmutzigen Händen, meine fesselnden Abenteuerromane jedoch lehnen sie ab. Ich lege das Werk wieder zurück, da öffnet sich die Tür und herein stapft der Mensch, den ich gleich erwürgen werde.
„Guten Tag“, sagt der Ahnungslose freundlich, bückt sich, und sammelt umständlich die Bonbons auf, die ich in kunstvollem Muster um den Schreibtisch herum auf den Boden gespuckt habe. „Was ist denn hier passiert?“ will er wissen.
Wenn er denkt, daß ich ihm auf diese provokative Frage antworte, irrt er. Ich hülle mich - in Schweigen. Starre ihn nur aus zwei Augenschlitzen an und schlage mit der Rückhand auf mein eindrucksvolles Manuskript. Wieder und wieder. Nicht minder provokant.
Als der Mann, der übrigens einen Kopf größer sein dürfte als ich, die weißen Bonbons alle eingesammelt hat, legt er sie zurück in den Glasbehälter am Fenster und gießt etwas Wasser darüber.
„Wissen Sie“, will er jetzt von mir erfahren, „wer die Steinchen aus der Hydrokultur auf den Boden geworfen hat?“
„Hydrokultur? Keine Ahnung“, säuselt es verschlagen aus meinem Mund. „Die lagen schon dort, als ich hereinkam ...“
…Ihre echte Einschätzung hilft dem Autor seine Texte zu verbessern.
85 Leser seit 1. Jan. 2024 für diesen Abschnitt
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