… „Wenn der Literaturteufel mich packt, läßt er mich zuweilen gar nicht mehr los. Mit dem Zerbersten dieser Statue bringe ich die ganze Zerrissenheit der Gesellschaft zum Ausdruck. Erkennen Sie das nicht?“
„Dynamit, mein Lieber, wurde erst Mitte des Neunzehnten Jahrhunderts von dem Schweden Alfred Nobel erfunden. Und Magellan war Seefahrer. Sie meinen wahrscheinlich Michelangelo. Und dem wäre es nicht im Traum eingefallen, Dynamit, selbst wenn er es gehabt hätte, zu benutzen, um seine Kunstwerke aus dem Fels zu sprengen.“
Man erkennt eines sogleich: Dieser Mensch weiß meine Wortgewalt nicht richtig zu schätzen. Soll ich mich überhaupt weiter mit ihm verbal auseinandersetzen oder ihn bloß ein bißchen würgen?
„Ich will nicht noch einmal das gesamte Buch durchsehen“, bereitet er das Ende dieser Unterhaltung vor, „aber ich erinnere mich, daß Ihr Protagonist einmal, das war noch ziemlich am Anfang, plötzlich wütend ein Fenster aufreißt, den Abschiedsbrief seiner Verlobten zerfetzt und hinauswirft.“
„Sehen Sie“, entgegne ich verträumt, „diese Szene hat selbst Sie mitgenommen.“
„Herr Streber. Der Mann saß zu dem Zeitpunkt in einem U-Boot!“
„Ich liebe U-Boote. Wie sie in den weiten Tiefen der Ozeane versinken, in der Stille der ewigen Nacht.“
„U-Boote haben gewöhnlich keine Fenster, Herr Streber.“
„Dieses schon!“
Warum wird er denn plötzlich so laut? Schreie ich vielleicht? Nein. Jedenfalls nicht viel lauter als er. Dazu besteht auch kein Anlaß. Dr. Ungemach wirft mir einen Blick zu, den ich nicht zu deuten vermag, bevor er stumm weiterliest. Plötzlich hebt er die Augen und starrt mich an.
„Herr Streber. Sie haben Germanistik studiert?“
„Ja! Wochenlang.“
„Wo?“
„An der Universität.“
„Das hatte ich mir gedacht. Ich meine, an welcher Universität?“
„An der ...na, wie sagt man? Es war ganz im Norden ...“
„In Lübeck?“
„Sie sind dicht dran. - In Garmisch!“
Dr. Ungemach schüttelt den Kopf, wischt sich die Stirn ab und sagt:
„Hier schreiben Sie nämlich: Die Champinjon – Suppe war vergiftet. Herr Streber! Wie schreiben Sie denn Champignon?“
Möchte er mich jetzt auf meine Deutschkenntnisse prüfen? Dieser literarische Wicht? Mich, der ich als eine der Hoffnungen der Szene gelte?
„Wie man es spricht“, entgegne ich dem Ignoranten. „Mit Sch, wie Spinat, dann folgt ampinjon. Nichts leichter als das. Wenn Sie allerdings diese alberne …
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