"Also …"
"Sind Sie irgendwann während der letzten Stunde, als Sie noch auf der Straße warn, an irgendwas anderem vorbei gekommen, als an Straßenschildern?"
Vincent dachte nach. "Nein", erwiderte er. Er konnte sich nur an den hypnotisierend gleich bleibenden Mittelstreifen und die die Straße säumenden Äcker erinnern, die auf ihn gewirkt hatten wie Massengräber einer unbekannten Schlacht. "Jetzt, wo Sie es sagen … nein, bin ich nicht."
Der Farmer steckte den Lappen in seine Gesäßtasche und nickte eifrig.
"Liegt am Land."
Vincent, der sich für das Thema zu erwärmen begann, wirkte verwirrt. "Ich kann Ihnen nicht folgen. Was … liegt am Land?"
"Das Land is so tot, wie ein Friedhof, mein Junge. Toter geht's nich! Hat mit diesen verdammten Genfuzzis zu tun. Die haben hier vor ein paar Jahren versucht … Sachen zu züchten … irgendwas, wo sie die Gene oder so verändert haben."
"Sie meinen genmanipulierten Mais. Meiner Gesellschaft …"
"Pah", brachte der Farmer hervor und spuckte in den Schlamm auf dem Boden. "Was auch immer!"
"Meiner Gesellschaft", fuhr Vincent fort, als wäre er nicht unterbrochen worden, "gehören Anteile der Forschungsanlagen. Deshalb bin ich ja auch hier. In Marburg findet ein Kongress statt, der sich mit den langfristigen Auswirkungen der Gentechnik auf die Beschaffenheit und Zusammensetzung von Ackerland auseinandersetzt, insbesondere der möglichen Konsequenzen für den Nährstoffgehalt des Grundwassers."
Der Farmer blickte Vincent an und kniff die Augen zu Schlitzen zusammen, als würde er ihn in einem völlig neuen Licht betrachten.
"Konsequenzen!" Er sprach es aus, als wäre es ein Schimpfwort. "Dieses Land is so tot wie die Dietrich, das is dabei rausgekommen! Und sonst gar nichts!"
Vincent wurde das Ganze unheimlich. Die spätsommerliche Hitze erdrückte ihn schier unter ihrer Gewalt, als befände er sich unter einem Brennglas. Er wollte nur noch weg von hier, einen Abschleppwagen organisieren und dann schleunigst weiter kommen.
"Was …", begann er, mehr um das Thema zu wechseln, als aus ehrlichem Interesse, "… was ist mit Ihren Feldern? Ich meine, Sie leben doch nicht allein von Ihren … Nutztieren, oder?"
"Nein, das würd mir nich genug einbringen, …
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